Ein bisschen Geschichte
Der Gründer unserer Schule, Pfarrer Wolfgang Schaft, hat kurz vor seinem Tod die Entstehung der Schule beschrieben. Hier einige Auszüge aus seinen beiden letzten Rundbriefen des Jahres 2010:
„… Aber wie begann das alles? Ich ging 1994 hinüber nach Ecuador um Seelsorge zu betreiben. … In einer globalisierten Industriewelt sind Bildung und Ausbildung überlebensnotwenig. Deshalb entstand sehr bald der Gedanke einer handwerklichen Schule im Geiste des Handwerkerpfarrers Adolph Kolping. In meiner Pfarrei in Yaruquíes arbeitete damals eine junge Lehrerin mit, Janeth López, die jetzige Schulleiterin. Sie stammt aus dem Dorf, und die Nöte und Sorgen der Menschen dieser Region sind ihr vertraut. Janeth war sofort begeistert von meiner Idee einer Berufsschule und wollte gleich beginnen. So mieteten wir Räume in einer alten Schule in Yaruquíes für den Nachmittag und sie gab alleine Unterricht. Für den praktischen Unterricht ließ ich zwei Schuppen errichten und wir stellten einen Schreiner und einen Schlosser stundenweise an. Gemeinsam haben wir die Schule weiterentwickelt, Schulraum für Schulraum gebaut auf einem Gelände, das wir im Jahr 2000 in Erbpacht als Bauplatz bekamen. … Dann mussten wir um die staatliche Genehmigung kämpfen, damit die Schülerinnen und Schüler einen anerkannten Abschluss erhalten konnten. Weil es eine Berufsschule UND Sekundarschule war – die erste in dieser Form im Land -, mussten wir die Genehmigung von 2 Ministerien und der nationalen Handwerkskammer erlangen. Das ganze Genehmigungsverfahren dauerte fast 2 Jahre. … Für die letzte Unterschrift des Arbeitsministers verbrachten wir 3 Tage in Quito und absolvierten 8 Besuche auf dem Ministerium! …
Wenn man heute diese schöne Schule sieht, kann man kaum glauben, dass wir mit nur einem Klassenzimmer und zwei provisorischen Schuppen anfingen. Ich erinnere mich noch gut daran, dass gleich am ersten Tag zwei etwas ältere Schülerinnen ihre Babys zur Schule mitbrachten. Sie hatten zu Hause niemanden, der die Kleinen hüten konnte und baten uns dringend, ihnen trotzdem eine Schulausbildung zu ermöglichen. …
Eine große Herausforderung war und ist die so gänzlich andere Mentalität der Menschen im Andenhochland. Ecuador liegt im Tropengürtel, und dort wachsen zu jeder Jahreszeit bei ausreichender Bewässerung Früchte heran. Das bedeutet, dass in diesen Ländern der Gedanke an Planung oder Vorsorge, wie z.B. auch an eine Berufsausbildung, weitgehend unbekannt ist. Hinzu kommt, dass Menschen, die 500 Jahre lang Fremdbestimmung und Unterdrückung gewohnt waren, immer nur an das Heute, aber nie an das Morgen oder gar Übermorgen denken. …“
In Yaruquíes wird Pfarrer Wolfgang Schaft liebevoll „Padre Lobito“ genannt. „Lobito“ heißt Wölfchen, abgeleitet von seinem Vornamen. In den Herzen der Menschen lebt er weiter, und zusammen mit dem ganzen Dorf wird jedes Jahr ein Gottesdienst im Gedenken an ihn gefeiert.